Sonne, Panorama und viel Schweiß
Schon sehr lange war es mein Traum, einmal in den Grand Canyon zu wandern. Bei allen Besuchen des South Rims habe ich immer neidvoll den Wanderern nachgesehen, die sich mit schwerem Gepäck auf den Weg in den Canyon machten. Bewusst über die körperlichen Strapazen hatten wir uns im Spätsommer 2003 zu der für uns bis dahin wohl schwersten Wanderung entschlossen.
Abstieg vom South Kaibab Trail (25kb) |
Nachdem wir uns am Vorabend früh ins Zelt gelegt hatten sind wir gegen 8 Uhr gut ausgeschlafen aufgestanden, haben das Zelt abgebaut und in Ruhe gefrühstückt. So richtig große Lust verspürten wir an diesem Morgen nicht, da wir wussten, wie hart die nächsten 2 Tage werden würden. Angst zu scheitern hatten wir keine, aber sehr großen Respekt vor dem Canyon. Spätestens um 10 Uhr wollten wir am Trailhead sein, was aber natürlich nicht funktioniert hat. Zu viel Zeit benötigten wir um die beiden Rucksäcke zu packen und möglichst viel Gewicht im Auto zu lassen. So entschlossen wir uns, auch sämtliches Geschirr, den Gaskocher und das Überzelt nicht mit in den Canyon zu schleppen. Wir nahmen also nur das Nötigste mit. Als Verpflegung für die Tour deckten wir uns mit Müsliriegeln, Obst und Kartoffelsalat aus dem hiesigen Supermarkt ein.
Gegen 11.30 verschlossen wir unseren Dodge und holten uns am Backcountry Office letzte Infos. An der Wasserstation tankten wir noch einmal Flüssigkeit und stärkten uns mit einer Banane ehe es mit dem Shuttle Bus zum Yaki Point ging.
Das Abenteuer Grand Canyon konnte beginnen: Vom Yaki Point lagen 7,3 Meilen auf dem South Kaibab Trail vor uns. Wir schraubten die Wanderstöcke auseinander und machten uns auf den Weg in den Canyon. Nach einigen steilen Kehren kamen uns schon Leute schnaufend und schweißüberströmt entgegen. Da wir in den Wochen vorher sehr viel gewandert waren, konnten wir ein recht hohes
Oberhalb des Mittelplateaus (56kb) |
Die Sonne brannte und der Weg bot nur wenig schattige Plätze - so machten wir auch nur ganz kurze Pausen und stiegen immer weiter den Canyon herab. Völlig fasziniert von den wechselnden Farben nutzen wir die Stopps um Fotos zu machen. Je weiter es herab ging, desto brillanter, roter und schöner wurden die Felsen - es tat sich ein Gefühl von unendlicher Freiheit auf... ich kann es nicht beschreiben. Der Weg selbst war sehr gut - aber Wanderschuhe sind ein absolutes Muss! Erschwerend waren allerdings die durch Holzbalken angelegten Stufen - für die Eseltransporte eine Hilfe, für Wanderer nach einiger Zeit recht unangenehm - sie sollten noch zur Qual werden...
Die Black Bridge über dem Colorado - kurz vor dem Ziel |
Es waren nur wenige Wanderer unterwegs. Eine asiatische Familie ging ungefähr das gleiche Tempo wie wir - wenigstens Vater und Töchter. Die Mutter war oft weit hinter ihnen, gewartet wurde selten. Sehr störend war auch, dass diese Familie viel Krach machte, die Mädels hatten sogar ein tragbares Radio dabei. So legten wir auf einem großen Plateau eine längere Pause ein und ließen sie ziehen - wir nutzten die Pause um uns zu stärken und genossen dieses herrliche Panorama. Unter uns sahen wir den Colorado und hörten aus der Ferne die Stromschnellen. Der letzte steile Abstieg lag vor uns: wieder steile Kehren, links rum, rechts rum, immer weiter ging es in den Canyon herab und wir sahen schon die Black Bridge, die wir überqueren mussten. Unser hohes Tempo zollte Tribut: wir wollten nur noch auf den Campground. Durch einen kleinen Tunnel und über die Black Bridge überquerten wir nach knapp 4 Stunden den Colorado. Er wirkte gar nicht mehr so wild und sehr dreckig. Kurz vor der Phantom Ranch überquerten wir den Bright Angel Creek und suchten uns einen Platz für unser Zelt. Kaum angekommen stand auch schon eine Parkrangerin vor uns und betete irgendwelche Vorschriften vor sich her. Jaja, wir werden alles einhalten... nachdem wir uns eine halbe Stunde ausgeruht hatten bauten wir das Zelt auf und genossen die Stille, das Panorama und die Freiheit. Einer der schönsten Orte, die ich bisher zu sehen bekam. Leider aber lag das komplette Tal der Phantom Ranch im totalen Schatten, so dass wir vom eigentlichen Sonnenuntergang nichts gesehen haben. Da hätten wir uns unterwegs auch mehr Zeit lassen können - aber es war schon gut dieses Tempo zu gehen: es war nie zu hoch und wir fühlten uns meistens recht gut. Zum Ende hin war es mehr eine Kopfsache den Campground bald zu erreichen. Füße und Waden taten mir noch nicht weh, und von den Schultern ging es auch noch.
Nach Einbruch der Dunkelheit gingen wir noch auf ein Bier (das teuerste, was ich je getrunken habe) in die Kantine der Phantom Ranch. Dort versammelten sich alle Camper und Gäste der Phantom Ranch. Wir verspürten aber keine große Lust nach diesem Tag in der Kantine zu sitzen, und so kehrten wir bald zum Nachtlager zurück. Wir legten uns noch ein wenig auf den Tisch und genossen den Blick in die Sterne und lauschten dem seichten Rauschen des Bright Angel Creeks. Glücklich und zufrieden legten wir uns bald in unser Zelt auf die dünnen Isomatten - hart aber schnell schliefen wir ein.
Phantom Ranch (56kb) |
Übernachtungstipp: | ||
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2. Tag - Der Aufstieg
Ursprünglich wollten wir schon um 6 Uhr aufbrechen, um nicht zuviel in der Sonne laufen zu müssen. Aber wir haben uns dann noch eine Stunde gegönnt, dem Rauschen des Baches gelauscht, ein wenig gedöst und sind erst um 7 Uhr endgültig aus dem Zelt gekrochen - geschlafen hatten wir richtig gut, obwohl wir nur die dünnen Isoliermatten dabei hatten. Die Sonne hatte die oberste Canyonwand schon erreicht und wanderte schon immer tiefer in den Canyon. Unsere Nachbarn auf dem Bright Angel Campground waren schon längst aufgebrochen. Nachdem ich die ersten Schritte vor dem Zelt machte, merkte ich erst, wie müde meine Muskeln vom Vortag noch waren und wie weh mir meine linke Schulter tat - der Boden war doch härter als ich dachte.
In aller Ruhe bauten wir das Zelt ab und machten uns noch ein wenig frisch. Zum Frühstück gabs zwei Müsliriegel und einen Apfel - das musste reichen. Gegen 8 Uhr und als eine der letzten Camper verließen wir den Campground. Über die Silver Bridge ging es dann auf die andere Seite des Colorado. Hier liefen wir gut eine Meile am Colorado entlang, aber immer stetig bergauf. Noch war es nicht anstrengend und von den Temperaturen sehr angenehm da der Weg vollständig im Schatten lag. Trotzdem spürte ich den Rucksack schon deutlich auf den Schultern - schon nach einer Meile! Wie sollte das bloß in den nächsten Stunden werden? Um es vorweg zu nehmen: es wurde mehr als hart!
Pause am Bright Angel Creek (26kb) |
Dank der Wanderstöcke waren wir aber schon wieder recht zügig unterwegs, und so hatten wir einige der anderen Camper auf dem Riversidewalk überholt, und sollten sie wohl auch nicht mehr wieder sehen.
Nach 2 Meilen erreichten wir die Stelle, ab der es nur noch bergauf gehen sollte. Wir ließen den Colorado hinter uns und es ging links auf den Bright Angel Pfad in den Corkscrew Canyon. Schon nach wenigen Minuten merkten wir, dass dieser Weg viel schöner war als der South Kaibab Trail am Vortag. Der Weg führt entlang eines kleinen Creeks, und viele grüne Sträucher und Bäume spenden hier wohl auch nachmittags genügend Schatten. Obwohl die Sonne diesen Teil des Canyons noch nicht erreicht hatte, sind wir schon gut ins Schwitzen gekommen. An einem idyllischen Platz entschlossen wir uns zu einer kurzen Rast um zu trinken und uns mit etwas Wasser aus dem Fluss abzukühlen. Zu viel Zeit wollten wir aber nicht verlieren, da das härteste Stück noch vor uns lag und die Temperatur immer mehr steigen würde.
Also ging es zügig weiter - der Rucksack drückte immer mehr auf die Schultern. Aber das herrliche Panorama entschädigte für die Schmerzen. Ob die Wegschilder unterwegs ein Vorteil sind, weiß ich nicht. Für mich war es schlimm, ein Schild zu lesen, wo es bis zum Indian Garden "nur" noch 1,5 Meilen sein sollten. Es schien so, als ob die 1,5 Meilen unendlich lang sein würden. Mit gemischten Gefühlen erreichten wir Indian Gardens nach gut 3 Stunden. Einerseits hatten wir die Wanderung entlang des Creeks bis dorthin wirklich genossen, andererseits lag die Hälfte der Strecke noch vor uns. Erst einmal machten wir bei einem Apfel und genügend Wasser Rast in Indian Gardens, einer kleinen Oase inmitten des Grand Canyon. Einziger Nachteil: es waren schon zu viele Leute dort. Die Nähe zum South Rim lockt viele Tageswanderer. Ach ja, was mir noch aufgefallen ist: in 98% lag ich immer richtig und habe die Deutschen schon aus einigen Metern Entfernung erkannt.
Unterhalb von Indian Gardens (56kb) |
Erfrischt und mit vollen Wasserflaschen schnallten wir uns wieder die Rucksäcke auf und verließen Indian Gardens. Ab hier ging es steil bergauf. Diesmal kamen uns die Leute locker flockig entgegen und uns lief der Schweiß am ganzen Körper runter. Wir waren der Sonne voll ausgesetzt und die Schritte wurden kleiner und schwerer. Trotzdem legten wir nur sehr wenige Pausen ein. Im Hinterkopf hatten wir immer noch den Willen, in weniger als 7 Stunden den South Rim zu erreichen - wir lagen gut in der Zeit. Außerdem war es eine Qual, nach einer längeren Pause den Rucksack wieder auf die schmerzenden Schultern zu schnallen. So blieb es bei kurzen Pausen ohne den Rucksack abzusetzen. Wichtig war eh nur, immer genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Die Wanderstöcke waren mehr als eine große Hilfe - und verdienen an dieser Stelle mal ein Lob. Ohne die Stöcke hätten wir viel länger gebraucht. Das 3 Mile House und das 1,5 Mile House (Haltepunkte 3 Meilen und 1,5 Meilen unterhalb des Rims) passierten wir ohne zu halten. Denn hier waren uns eindeutig zu viel Touristen - größtenteils solche, die nur ein Stück in den Canyon wanderten und noch genügend Kraft hatten um ausreichend Krach zu machen.
Unterkünfte Grand Canyon: |
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Kurz nach 15 Uhr passierten wir die letzte Kehre, und durch einen kleinen Felsbogen erreichten wir nach etwas mehr als 7 Stunden erschöpft, aber sehr glücklich den South Rim. Die ersten Schritte auf normalem Asphalt fielen uns sehr schwer - kein Wunder wenn man 7 Stunden nur unebenen Boden unter den Sohlen hatte. An der Bushaltestelle fragte uns ein Mann, ob wir die ganze Tour gegangen wären und wir antworteten glücklich: "Yes - we did it, from top to bottom and back!"
Fazit:
Die Wanderung in den Grand Canyon zählte wohl zu den Highlights unserer USA-Reise. Im nachhinein kann ich sagen, dass es sich sehr gelohnt hat - auch wenn es nahe an die körperliche Grenze ging. Sehr hilfreich waren die Wanderstöcke - auch wenn wir teilweise komisch angeschaut wurden. Wir hätten eventuell noch etwas mehr zu Essen mitnehmen sollen - aber das hätte auch deutlich mehr Gewicht bedeutet. Es war eine tolle Erfahrung, und irgendwann werde ich diese oder eine ähnliche Tour noch einmal gehen - allerdings dann mit 2 Übernachtungen im Canyon. Wer sich übrigens nach der Anstrengung ein Hotel gönnen möchte, der findet dieses bestimmt in Tusayan.
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